Hallo
@Mat1,
man muss vielleicht die Sache nicht komplizierter machen, als sie ist. Es hätte ja vielleicht schon gereicht, ein paar Zeilen mehr als nur die ersten vier des Gedichts zu lesen, um zu verstehen, dass es nicht ganz auf die Situation passt.
Ansonsten gibt es keine "Originalbedeutung", weil das schon suggeriert, es gäbe mehrere Bedeutungen möglicherweise.
Wenn ich ein Gedicht und einen Autor zum Zeugnis nehme, und das ist hier ja passiert, dann stelle ich mich in dessen und in die Tradition seines Werkes. Denn ich will ja ausdrücken: "Seht her, dieser Autor hat das auch schon gesagt. Dieser kluge Mann hat das auch so gesehen, wie ich." Es ist ja meine Absicht, mit dem Zitat meinen Standpunkt zu unterstreichen und zu verstärken.
Nur klappt das eben nicht, wenn der Autor in Wirklichkeit das genau gegensätzlich gesehen hat. Ich kann nicht einfach etwas verwenden und sagen "na ja ich verwende es eben". Die von mir eigentlich beabsichtigte verstärkende Wirkung verkehrt sich so ins Gegenteil. Ich mache ja nicht nur klar, dass ich das ganze Gedicht überhaupt nicht kenne. Ich mache auch klar, dass ich nicht verstanden habe, was der Autor eigentlich sagen will. Und das ist dann eben doppelt blöd.
Deshalb ist es eben nicht beliebig, wie man zum Beispiel diese Passage aus Heines Nachtgedanken verwendet. Jedenfalls dann nicht, wenn ich damit unterstreichen will, dass meine Gedanken so klug sind, weil Heine das ja auch schon so gesagt hat. Und das war schließlich ein besonders kluger Mann. Wenn ich das erreichen will, dann muss ich erstens das ganze Gedicht lesen und zweitens es auch verstehen. Sonst mache ich mich lächerlich, wenn ich es falsch verwende.
Dazu kommt, dass ich nicht etwas satirisch verwenden muss, was bereits eine Satire ist. Und das ist so sehr klar eine Satire, denn er hat mit dem Schlaf und Deutschland einen Witz gemacht. Natürlich ist das nicht ernst gemeint, sondern dass Deutschland ihm den Schlaf raubt ist selbst schon eine satirische Wendung. Das jetzt noch mal "satirisch" verwendet haben zu wollen, ist auch nur eine wiederum intellektuell eher durchsichtige Schutzbehauptung.
Ich kann nur raten, egal was man zitiert, ob es nun Gedichte oder Zeitungsartikel sind, immer erstens den ganzen Artikel zu lesen oder das ganze Gedicht und zweitens den Inhalt auch zu verstehen. Sonst erreicht man in der Regel nicht den Effekt den man erreichen möchte.